Mit dem folgenden Aufruf warnen prominente Persönlichkeiten dringend vor einem Krieg mit Russland :
Dr. Roman Herzog,(Bundespräsident a.D.), Dr. Dr. h.c. Burkhard Hirsch (Bundestagsvizepräsident a.D.), Prof. Dr. Herta
Däubler-Gmelin (Justizministerin a.D.), Eberhard Diepgen (Reg. Bürgermeister Berlin a.D.), Klaus v. Dohnanyi (1.
Bürgermeister Hamburg a.D.), Dr. Hans-Jochen Vogel (Justizminister a.D.), Prof. Dr. h.c. Horst Teltschik
(Bundeskanzler Berater für Sicherheit u. Außenpolitik), Gerhard Schröder (Bundeskanzler a.D.), Dr. Antje Vollmer
(Vizepräsidentin d. Bundestages a.D.) Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz (Korrespondentin) Prof. Dr. Dr. h.c. Margot
Käßmann (ehem. Bischöfin) Pater Anselm Grün, Dr. Ulrich von Weizsäcker (Wissenschaftler) und weitere.
Quelle: www.zeit.de/politik/2014-12/aufruf-russland-dialog
Helfen Sie mit einen Krieg in Europa zu verhindern!
Wieder Krieg in Europa ?
Nicht in unserem Namen !
Der Aufruf im Wortlaut :
Niemand will Krieg. Aber Nordamerika, die europäische Union und Russland treiben unausweichlich auf ihn zu,
wenn sie der unheilvollen Spirale aus Drohung und Gegendrohung nicht endlich Einhalt gebieten. Alle Europäer,
Russland eingeschlossen, tragen gemeinsam die Verantwortung für Frieden und Sicherheit. Nur wer dieses Ziel
nicht aus den Augen verliert vermeidet Irrwege.
Der Ukraine - Konflikt zeigt: Die Sucht nach Macht und Vorherrschaft ist nicht überwunden. 1990, am Ende des
Kalten Krieges, durften wir alle darauf hoffen. Aber die Erfolge der Entspannungspolitik und der friedlichen
Revolutionen haben uns schläfrig und unvorsichtig gemacht. In Ost und West gleichermaßen. Bei Amerikanern,
Europäern und Russen ist der Leitgedanke, Krieg aus ihrem Verhältnis dauerhaft zu verbannen, verloren
gegangen. Anders ist die für Russland bedrohlich wirkende Ausdehnung des Westens nach Osten ohne
gleichzeitige Vertiefung der Zusammenarbeit mit Moskau, wie auch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim
durch Putin, nicht zu erklären.
In diesem Moment großer Gefahr für den Kontinent trägt Deutschland eine besondere Verantwortung für die
Bewahrung des Friedens. Ohne die Versöhnungsbereitschaft der Menschen Russlands, ohne die Weitsicht von
Michael Gorbatschow, ohne die Unterstützung unserer westlichen Verbündeten und ohne das umsichtige
Verhalten der damaligen Bundesregierung wäre die Spaltung Europas nicht überwunden worden. Die deutsche
Einheit friedlich zu ermöglichen, war eine große, von Vernunft geprägte Geste der Siegermächte. Eine
Entscheidung von historischer Dimension. Aus der überwundenen Teilung sollte eine tragfähige europäische
Friedens - und Sicherheitsordnung von Vancouver bis Wladiwostok erwachsen, wie sie von allen 35 Staats- und
Regierungschefs der KSZE- Mitgliedsstaaten im November 1990 in der „Pariser Charta für ein neues Europa“
vereinbart worden war. Auf der Grundlage gemeinsam festgelegter Prinzipien und erster konkreter Maßnahmen
sollte ein „Gemeinsames Europäisches Haus“ errichtet werden, in dem alle beteiligten Staaten gleiche Sicherheit
erfahren sollten. Dieses Ziel der Nachkriegspolitik ist bis heute nicht eingelöst. Die Menschen in Europa müssen
wieder Angst haben.
Wir, die Unterzeichner, appellieren an die Bundesregierung, ihrer Verantwortung für den Frieden in Europa
gerecht zu werden. Wir brauchen eine neue Entspannungspolitik für Europa. Das geht nur auf der Grundlage
gleicher Sicherheit für alle und mit gleichberechtigten, gegenseitig geachteten Partnern. Die deutsche Regierung
geht keinen Sonderweg, wenn sie in dieser verfahrenen Situation auch weiterhin zur Besonnenheit und zum Dialog
mit Russland aufruft. Das Sicherheitsbedürfnis der Russen ist so legitim und ausgeprägt wie das der Deutschen,
der Polen, der Balten und der Ukrainer.
Wir dürfen Russland nicht aus Europa hinausdrängen. Das wäre unhistorisch, unvernünftig und gefährlich für den
Frieden. Seit dem Wiener Kongress 1814 gehört Russland zu den anerkannten Gestaltungsmächten Europas. Alle
die versucht haben, das gewaltsam zu ändern, sind blutig gescheitert – zuletzt das größenwahnsinnige Hitler-
Deutschland das 1941 mordend auszog, auch Russland zu unterwerfen.
Wir appellieren an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, als vom Volk beauftragte Politiker, dem
Ernst der Situation gerecht zu werden und aufmerksam auch über die Friedenspflicht der Bundesregierung zu
wachen. Wer nur Feindbilder aufbaut und mit einseitigen Schuldzuweisungen hantiert, verschärft die Spannungen
in einer Zeit, in der die Signale auf Entspannung stehen müssten. Einbinden statt ausschließen muss das Leitmotiv
deutscher Politiker sein.
Wir appellieren an die Medien, ihrer Pflicht zur vorurteilsfreien Berichterstattung überzeugender nachzukommen
als bisher. Leitartikler und Kommentatoren dämonisieren ganze Völker, ohne deren Geschichte ausreichend zu
würdigen. Jeder außenpolitisch versierte Journalist wird die Furcht der Russen verstehen, seit NATO-Mitglieder
2008 Georgien und die Ukraine einluden, Mitglieder im Bündnis zu werden. Es geht nicht um Putin. Staatenlenker
kommen und gehen. Es geht um Europa. Es geht darum, den Menschen wieder die Angst vor Krieg zu nehmen.
Dazu kann eine verantwortungsvolle, auf soliden Recherchen basierende Berichterstattung eine Menge beitragen.
Am 3. Oktober 1990, am Tag der Deutschen Einheit, sagte Bundespräsident Richard von Weizsäcker: „Der Kalte
Krieg ist überwunden. Freiheit und Demokratie haben sich bald in allen Staaten durchgesetzt. ... Nun können sie
Ihre Beziehungen so verdichten und institutionell absichern, dass daraus erstmals eine gemeinsame Lebens- und
Friedensordnung werden kann. Für die Völker Europas beginnt damit ein grundlegend neues Kapitel in ihrer
Geschichte. Sein Ziel ist eine gesamteuropäische Einigung. Es ist ein gewaltiges Ziel. Wir können es erreichen,
aber wir können es auch verfehlen. Wir stehen vor der klaren Alternative, Europa zu einigen oder gemäß leidvollen
historischen Beispielen wieder in nationalistische Gegensätze zurückzufallen. Bis zum Ukraine-Konflikt wähnten
wir uns in Europa auf dem richtigen Weg. Richard von Weizsäckers Mahnung ist heute, ein
Vierteljahrhundert später, aktueller denn je.
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